Mathematik Lernzentrum
Dipl.-Math. W. Köpper
Mathematik verstehen in der Mathe Nachhilfe

Hier vergleichen wir Wissen in Mathematik mit Wissen in Fremdsprachen, zeigen die entscheidenden Unterschiede und arbeiten damit den häufigsten Grund für ein Scheitern im Fach Mathematik heraus. Danach erläutern wir, wie Mathematik richtig gelernt werden sollte.

Wissen in Mathematik

Das gesamte strukturelle mathematische Wissen lässt sich in zwei Kategorien einteilen.

  1. Definitionen sind Vereinbarungen, in denen eine (manchmal recht komplexe) Situation mit einem Begriff beschrieben wird. Sie sind niemals richtig oder falsch, sondern allenfalls sinnvoll oder weniger sinnvoll und daher muss man sie sich merken. Man kann sie zwar auswendig lernen, aber oft ist es auch sehr befriedigend zu verstehen, warum die betreffende Definition sinnvoll ist. Definitionen machen nur ca. 5% bis 15% des strukturellen mathematischen Wissens aus.
  2. Sätze beschreiben mathematische Zusammenhänge, z.B. Satz des Pythagoras, Satz des Thales, etc. Wenn die im Satz beschriebenen Voraussetzungen vorliegen, dann erlauben sie eine Schlussfolgerung. In der Schulmathematik gibt es für alle Sätze einen Beweis ihrer Richtigkeit. Es gibt viel zu viele Sätze, um sie alle auswendig lernen zu können und deshalb muss man sie verstehen. Nur mit einem gründlichen Verständnis kann man sie in der geeigneten Situation auch richtig anwenden. Sie bilden 85% bis 95% des strukturellen mathematischen Wissens.

Neben diesem strukturellen Wissen gibt es auch prozedurales Wissen in Form von Lösungsverfahren in der Mathematik. Jedes Lösungsverfahren basiert auf strukturellem Wissen. Seine Funktionsweise kann nur auf Basis dieses strukturellen Wissens gründlich verstanden werden. Das ist besonders wichtig, weil es eher die Regel als die Ausnahme ist, dass ein bekanntes Lösungsverfahren zur Lösung einer Aufgabe individuell an die Besonderheiten der Aufgabe angepasst werden muss. Wer also Lösungsverfahren verständnisfrei auswendig lernt, der wird in der Praxis überwiegend scheitern.

Wissen in Fremdsprachen

Das strukturelle Wissen einer Fremdsprache lässt sich ebenfalls in zwei Kategorien einteilen.

  1. Vokabeln sind Vereinbarungen, die Wörter mit Bedeutungen verknüpfen. Man muss sie sich merken, wie die Definitionen in der Mathematik. Vergleiche mit anderen Sprachen und die Erforschung der Herkunft (Etymologie) können interessant sein, aber die primäre Lernmethode ist das auswendig lernen.
  2. Grammatik beschreibt, wie aus den Vokabeln Sätze aufgebaut werden können. Auch hier kann man zwar Analogien zu anderen Sprachen ziehen, aber die primäre Lernmethode ist auch hier das auswendig lernen und einüben.

Daneben steht die Sprachpraxis, die zusätzlich zu den regelkonform aufgebauten Sätzen weitere idiomatische Redewendungen enthält und ebenfalls im wesentlichen durch auswendig lernen und üben erworben wird.

An diesem Vergleich wird deutlich, dass Lernen in Mathematik im wesentlichen auf dem Verständnis von Zusammenhängen beruht, während das Lernen einer Fremdsprache weitaus überwiegend auswendig lernen und üben erfordert. Nach unseren Erfahrungen liegen schlechte Leistungen in Mathematik bei Schülern vor allem daran, dass sie versuchen, Mathematik ähnlich wie eine Fremdsprache zu lernen: Durch auswendig lernen und üben.

Mathematik richtig lernen und gründlich verstehen

Ein gründliches Verständnis mathematischer Zusammenhänge erfordert eigenständiges Denken mit einer kritisch forschenden Grundeinstellung. Ein Schüler sollte die Aussagen eines Mathematiklehrers niemals nur glauben, sondern stets kritisch hinterfragen, bis er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Der Lehrer übernimmt dabei die Rolle eines Moderators, der den Schüler mit geeignetem Material in eine Lernsituation bringt und ihm dann zur richtigen Zeit geeignete Denkanstöße gibt, um seine Überlegungen so zu steuern, dass sein Erkenntnisgewinn möglichst groß wird. Und das bedeutet nicht, den Schüler immer auf schnellstem Wege zur besten Lösung zu steuern, denn es ist in der Regel genauso wertvoll zu verstehen, warum andere Lösungsideen weniger geeignet sind oder gar nicht funktionieren und wo die Anwendungsbereiche und Grenzen verschiedener Lösungsansätze liegen.
Der eigentliche Zweck der Erforschung mathematischer Probleme in der Lehre besteht eben nicht nur in ihrer Lösung, sondern vor allem in der Entdeckung von Gesetzmäßigkeiten in ihrer Struktur. Nur ein so gewonnenes umfassendes Verständnis gibt dem Schüler die Fähigkeit, mathematisch zu denken und ermöglicht es ihm, seine Erkenntnisse auf viele andere Lebensbereiche zu übertragen. Es gibt ihm das mächtigste Instrument in die Hand, reale Problemstellungen aller Art zu beschreiben, Lösungsstrategien zu entwickeln und schließlich seine Ziele zu erreichen. So erfüllt es den allgemeinbildenden Anspruch der Mathematik.