Mathematik Lernstudio
Dipl.-Math. W. Köpper
Mathematik verstehen in der Mathe Nachhilfe

Lage von zwei Geraden

Das folgende 3D-Modell zeigt zwei Geraden jeweils mit Orts- und Richtungsvektor und ihren Schnittpunkt in blau. Die Szene kann mit der Maus gedreht (linke Maustaste) und verschoben werden (rechte Maustaste). Durch Scrollen auf dem Bild wird es vergrößert oder verkleinert. Mit den Tasten x, y und z bzw. Shift-x = X, Shift-y = Y, Shift-z = Z wird eine dauernde Rotation um die entsprechende Achse begonnen. Mehrmaliges Drücken beschleunigt / verlangsamt diese Rotation. Die Taste s stoppt alle Rotationen und die Taste r setzt das Bild auf die ursprüngliche Ansicht zurück.

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Zur Ermittlung der gegenseitigen Lage zweier Geraden prüfen wir zuerst, ob die Richtungsvektoren Vielfache (d.h. linear abhängig) sind. Hilfe dazu gibt es hier oder unten in den Beispielen.

  1. Die Richtungsvektoren sind Vielfache:
    In diesem Fall liegen die Geraden parallel. Fraglich ist nur noch, ob sie echt parallel liegen oder sogar identisch (=unecht parallel) sind. Dazu prüfen wir, ob ein beliebiger Punkt einer der beiden Geraden (z.B. aus einem der beiden Ortsvektoren) auch auf der anderen Geraden liegt. Wenn ja, dann sind die Geraden identisch, andernfalls echt parallel.
  2. Die Richtungsvektoren sind nicht Vielfache:
    In diesem Fall sind die Geraden entweder windschief oder sie schneiden sich. Welcher der beiden Fälle vorliegt, ermitteln wir durch Gleichsetzen. Erhalten wir keinen Schnittpunkt, sind die Geraden windschief.

Abstand:
Schneiden sich die Geraden oder sind sie identisch, ist der Abstand natürlich Null. Sind die Geraden echt parallel, dann ist ihr Abstand gleich dem Abstand eines Punktes einer der beiden Geraden zur anderen Geraden (siehe hier). Wenn die Geraden windschief sind, subtrahierst du die beiden Geradenterme (also die rechten Seiten der Geradengleichungen). Wenn dieser Verbindungsvektor kürzest möglich sein soll, dann muss er senkrecht zu beiden Geraden stehen. Sein Skalarprodukt mit jedem der Richtungsvektoren muss also Null sein. Aus diesen beiden Gleichungen kannst du die Parameterwerte der Lotfusspunkte des kürzesten Abstandes auf beiden Geraden ermitteln. Der Abstand der Lotfusspunkte liefert den Abstand der Geraden. Siehe dazu Beispiel 4.

Winkel:
Schneiden sich zwei Geraden, ermittelst du ihren Schnittwinkel über den Winkel der beiden Richtungsvektoren. Da stets der kleinste Schnittwinkel gesucht ist, kommen Winkel über 90 Grad nicht in Frage. Daher kannst du in der Formel zur Winkelberechnung im Zähler den Betrag nehmen. Sind \vec{a} und \vec{b} die Richtungsvektoren der beiden Geraden, dann errechnet sich ihr Schnittwinkel \alpha also durch

\cos \alpha = \frac{|\vec{a} \ast \vec{b}|}{|\vec{a}| \nachhilfe |\vec{b}|}.

Beispiel 1:
Wir untersuchen die gegenseitige Lage der Geraden

g: \quad \vec{x} = \mathe{1 \\ 2 \\ 3} + r \nachhilfe \mathe{6 \\ 0 \\ 9} \qquad \text{und} \qquad h: \quad \vec{x} = \mathe{5 \\ 2 \\ 9} + s \nachhilfe \mathe{-8 \\ 0 \\ -12}.

Zuerst prüfen wir, ob die Richtungsvektoren Vielfache sind.

\mathe{-8 \\ 0 \\ -12} = t \nachhilfe \mathe{6 \\ 0 \\ 9} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & -8 & = & t \nachhilfe 6 \\ \wedge & 0 & = & t \nachhilfe 0 \\ \wedge & -12 & = & t \nachhilfe 9 \end{array}\right\} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcr} & t & = & -\frac{4}{3} \\ \wedge & 0 & = & 0 \\ \wedge & t & = & -\frac{4}{3} \end{array}\right\}

Die zweite der Gleichungen 0 = 0 ist allgemeingültig, kann also ignoriert werden. Die beiden anderen Gleichungen stimmen überein. Damit sind die Richtungsvektoren Vielfache und die Geraden sind parallel. Wir prüfen, ob der Punkt P(1 | 2 | 3), auf den der Ortsvektor von g zeigt, auch auf h liegt:

\mathe{1 \\ 2 \\ 3} = \mathe{5 \\ 2 \\ 9} + s \nachhilfe \mathe{-8 \\ 0 \\ -12} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & 1 &= &5 + s \nachhilfe (-8) \\ \wedge & 2 &= &2 + s \nachhilfe 0 \\ \wedge & 3 &= &9 + s \nachhilfe (-12) \end{array}\right\} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & s &= &\frac{1}{2} \\ \wedge & 0 &= &0 \\ \wedge & s &= &\frac{1}{2} \end{array}\right\}

Damit ist s = \frac{1}{2}, der Punkt P(1 | 2 | 3) liegt auf h, und die Geraden g und h sind identisch.



Beispiel 2:
Wir untersuchen die gegenseitige Lage der Geraden

g: \quad \vec{x} = \mathe{1 \\ 2 \\ 0} + r \nachhilfe \mathe{6 \\ -3 \\ 9} \qquad \text{und} \qquad h: \quad \vec{x} = \mathe{5 \\ 2 \\ 9} + s \nachhilfe \mathe{-8 \\ 4 \\ -12}.

Zuerst prüfen wir, ob die Richtungsvektoren Vielfache sind.

\mathe{-8 \\ 4 \\ -12} = t \nachhilfe \mathe{6 \\ -3 \\ 9} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & -8 & = & t \nachhilfe 6 \\ \wedge & 4 & = & t \nachhilfe (-3) \\ \wedge & -12 & = & t \nachhilfe 9 \end{array}\right\} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcr} & t & = & -\frac{4}{3} \\ \wedge & t & = & -\frac{4}{3} \\ \wedge & t & = & -\frac{4}{3} \end{array}\right\}

Damit ist t = -\frac{4}{3}, die Richtungsvektoren sind Vielfache und die Geraden sind parallel. Wir prüfen, ob der Punkt P(1 | 2 | 0), auf den der Ortsvektor von g zeigt, auch auf h liegt:

\mathe{1 \\ 2 \\ 0} = \mathe{5 \\ 2 \\ 9} + s \nachhilfe \mathe{-8 \\ 4 \\ -12} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & 1 &= &5 + s \nachhilfe (-8) \\ \wedge & 2 &= &2 + s \nachhilfe 4 \\ \wedge & 0 &= &9 + s \nachhilfe (-12) \end{array}\right\} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & s &= &\frac{1}{2} \\ \wedge & s &= &0 \\ \wedge & s &= &\frac{3}{4} \end{array}\right\}

Damit gibt es keinen Wert für s, der die Vektorgleichung erfüllt und der Punkt P(1 | 2 | 0) liegt nicht auf h. Die Geraden g und h sind echt parallel. Der Abstand von g und h ergibt sich aus dem Abstand des Punktes P(1 | 2 | 0) von der Geraden h. Ein Beispiel für die Berechnung findest du hier.



Beispiel 3:
Wir untersuchen die gegenseitige Lage der Geraden

g: \quad \vec{x} = \mathe{1 \\ 2 \\ 3} + r \nachhilfe \mathe{2 \\ 1 \\ 0} \qquad \text{und} \qquad h: \quad \vec{x} = \mathe{6 \\ 5 \\ 0} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 0 \\ 3}.

Zuerst prüfen wir, ob die Richtungsvektoren Vielfache sind.

\mathe{2 \\ 1 \\ 0} = t \nachhilfe \mathe{1 \\ 0 \\ 3} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & 2 & = & t \nachhilfe 1 \\ \wedge & 1 & = & t \nachhilfe 0 \\ \wedge & 0 & = & t \nachhilfe 3 \end{array}\right\} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcr} & t & = & 2 \\ \wedge & 1 & = & 0 \\ \wedge & t & = & 0 \end{array}\right\}

Allein schon der Widerspruch 1 = 0 in der mittleren Zeile zeigt uns, dass es kein t gibt, das die Vektorgleichung erfüllt. Wir überprüfen, ob die Geraden sich schneiden, indem wir sie gleich setzen. Dabei wechseln wir die Parametervariable bei h von r nach s, da die Parameterwerte im Schnittpunkt nicht unbedingt gleich sein müssen:

\begin{array}{rrcl} &\mathe{1 \\ 2 \\ 3} + r \nachhilfe \mathe{2 \\ 1 \\ 0} & = &\mathe{6 \\ 5 \\ 0} + s \nachhilfe \mathe{1 \\ 0 \\ 3} \\[20px] \Longleftrightarrow & r \nachhilfe \mathe{2 \\ 1 \\ 0} - s \nachhilfe \mathe{1 \\ 0 \\ 3} & = &\mathe{6 \\ 5 \\ 0} - \mathe{1 \\ 2 \\ 3} \\[20px] \Longleftrightarrow & \mathe{2r - s \\ r \\ -3s} & = & \mathe{5 \\ 3 \\ -3} \\[20px] \Longleftrightarrow & r = 3 & \wedge & s = 1 \end{array}

Einsetzen der ermittelten Parameterwerte r = 3 in g und s = 1 in h ergibt denselben Schnittpunkt S(7 | 5 | 3). Würde sich nicht der selbe Punkt ergeben, läge ein Rechenfehler vor. Das bietet dir die Möglichkeit einer Überprüfung.

Wir berechnen noch den Schnittwinkel:

\begin{align*} \cos \alpha &= \frac{\left|\mathe{2 \\ 1 \\ 0} \ast \mathe{1 \\ 0 \\ 3}\right|}{\left|\mathe{2 \\ 1 \\ 0}\right| \nachhilfe \left|\mathe{1 \\ 0 \\ 3}\right|} \\[20px] &= \frac{2}{\sqrt{5} \nachhilfe \sqrt{10}} \\[20px] &\approx 0{,}2828427125 \\[20px] \alpha &\approx 73{,}57° \end{align*}

Beispiel 4:
Wir untersuchen die gegenseitige Lage der Geraden

g: \quad \vec{x} = \mathe{0 \\ 4 \\ 0} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} \qquad \text{und} \qquad h: \quad \vec{x} = \mathe{3 \\ 3 \\ 5} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0}.

Zuerst prüfen wir, ob die Richtungsvektoren Vielfache sind.

\mathe{1 \\ 1 \\ -4} = t \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcl} & 1 & = & t \nachhilfe 1 \\ \wedge & 1 & = & t \nachhilfe (-1) \\ \wedge & -4 & = & t \nachhilfe 0 \end{array}\right\} \quad \Longleftrightarrow \quad \left\{\begin{array}{rrcr} & t & = & 1 \\ \wedge & t & = & -1 \\ \wedge & -4 & = & 0 \end{array}\right\}

Allein schon der Widerspruch -4 = 0 in der letzten Zeile zeigt uns, dass es kein t gibt, das die Vektorgleichung erfüllt. Wir überprüfen, ob die Geraden sich schneiden, indem wir sie gleich setzen. Dabei wechseln wir die Parametervariable bei h von r nach s, da die Parameterwerte im Schnittpunkt nicht unbedingt gleich sein müssen:

\begin{array}{rrcl} &\mathe{0 \\ 4 \\ 0} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} & = &\mathe{3 \\ 3 \\ 5} + s \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0} \\[20px] \Longleftrightarrow & r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} - s \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0} & = &\mathe{3 \\ 3 \\ 5} - \mathe{0 \\ 4 \\ 0} \\[20px] \Longleftrightarrow & \mathe{r - s \\ r + s \\ -4r} & = & \mathe{3 \\ -1 \\ 5} \\[20px] \Longleftrightarrow & r = -\frac{5}{4} & \wedge & s = -\frac{17}{4} \wedge s = \frac{1}{4} \end{array}

Dieser Widerspruch zeigt uns, dass es keine Parameterwerte für r und s gibt, die die Vektorgleichung erfüllen. Die Geraden g und h sind daher windschief.

Das folgende 3D-Modell zeigt ebenfalls zwei Geraden jeweils mit Orts- und Richtungsvektor, die quasi aneinander vorbei laufen. Die Szene kann mit der Maus gedreht (linke Maustaste) und verschoben werden (rechte Maustaste). Durch Scrollen auf dem Bild wird es vergrößert oder verkleinert. Mit den Tasten x, y und z bzw. Shift-x = X, Shift-y = Y, Shift-z = Z wird eine dauernde Rotation um die entsprechende Achse begonnen. Mehrmaliges Drücken beschleunigt / verlangsamt diese Rotation. Die Taste s stoppt alle Rotationen und die Taste r setzt das Bild auf die ursprüngliche Ansicht zurück.

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Wir berechnen noch den Abstand von g und h:

\begin{array}{rrcl} &\left[\mathe{0 \\ 4 \\ 0} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} - \mathe{3 \\ 3 \\ 5} - s \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0}\right] \ast \mathe{1 \\ 1 \\ -4} & = & 0 \\[20px] \wedge &\left[\mathe{0 \\ 4 \\ 0} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} - \mathe{3 \\ 3 \\ 5} - s \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0}\right] \ast \mathe{1 \\ -1 \\ 0} & = & 0 \\[50px] \Longleftrightarrow &\left[\mathe{-3 \\ 1 \\ -5} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} - s \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0}\right] \ast \mathe{1 \\ 1 \\ -4} & = & 0 \\[20px] \wedge &\left[\mathe{-3 \\ 1 \\ -5} + r \nachhilfe \mathe{1 \\ 1 \\ -4} - s \nachhilfe \mathe{1 \\ -1 \\ 0}\right] \ast \mathe{1 \\ -1 \\ 0} & = & 0 \\[50px] \Longleftrightarrow & r = -1 \wedge s = -2 \end{array}

Nicht immer geht es so leicht. Oft ergibt sich an dieser Stelle auch ein kleines lineares Gleichungssystem, das nach r und s aufgelöst werden muss. Einsetzen von r in g und von s in h ergibt die beiden Lotfusspunkte L_1(-1 | 3 | 4) und L_2(1 | 5 | 5) und damit einen Abstand von

d = \left|\mathe{1 \\ 5 \\ 5} - \mathe{-1 \\ 3 \\ 4}\right| = \left|\mathe{2 \\ 2 \\ 1}\right| = \sqrt{2^2 + 2^2 + 1^2} = 3.